Gut gelaunt und aufgeräumt erscheint Christiane Guyer am Mittwochabend im Adventschalet auf dem Alten Postplatz zum zt Talk – das Chalet ist ein Ort der Begegnung, den sie vor ihrer Zeit als Stadtpräsidentin wesentlich initiiert hat. Fast ein Jahr steht Guyer nun der Stadtregierung vor. Welche Zwischenbilanz zieht sie? Was steht 2023 ganz oben auf ihrer Traktandenliste? Im Talk stand Christiane Guyer Red und Antwort:

«Ich ziehe für mich eine positive Bilanz – aber auch die die Bilanz des Stadtrates ist gut», sagt sie über ihr erstes Jahr an der Spitze der Stadtregierung. «Wir haben gemeinsam viel erreicht.» Der Stadtrat habe ein ambitioniertes Legislaturprogramm vorgelegt: «Wir versuchten, Nägel mit Köpfen zu machen.» Wichtige Projekte wie das neue Oberstufenzentrum seien 2022 vorangetrieben worden. «Und wir haben es geschafft, die beiden Bevölkerungsschutz-Regionen Wartburg und Zofingen in einem halben Jahr zusammenzuführen.» Ein schöner Höhepunkt war der Besuch des österreichischen Bundeskanzlers Karl Nehammer. «Wir haben uns gemeinsam reingekniet.» Aber es gab auch die schwierigen, emotional belastenden Momente, als wegen des Krieges in der Ukraine ein Flüchtlingsstrom einsetzte. «Die sozialen Dienste waren ausserordentlich gefordert.»

Eines ihrer wesentlichen Ziele war, den Stadtrat zu einem gut funktionierenden Team zu formen. Ist ihr das gelungen? «Wenn ich sehe, was wir in diesem Jahr neben dem Tagesgeschäft alles erreicht haben: Ja, wir sind ein gutes Team. Wir packen an und sind lösungsorientiert.» Allerdings könne man bei einem Team nicht einfach einen Schalter drücken, damit es funktioniere: «Das ist eine stete Aufgabe. Wir können uns immer verbessern.»

Wie gut kann sie mit Kritik umgehen? «Mir ist wichtig, dass ich Kritik höre. Ich nehme sie ernst. Wenn ich mir eine ganz dicke Haut aneigne, dann wäre ich nicht mehr empfindsam und würde die Leute nicht mehr spüren. Aber ganz ehrlich: Eine Heulsuse bin ich nicht.»

Schlagzeilen machte das Seniorenzentrum. Stimmen im Einwohnerrat monierten, der Stadtrat mache auf Arbeitsverweigerung, weil er das Seniorenzentrum nicht wie mehrfach gefordert in eine andere Rechtsform umwandeln wolle.

«Oberstes Ziel in diesem Jahr war, das Schiff Seniorenzentrum wieder auf Kurs zu bringen. Das ist gelungen. Wir sind über Budget, die Zimmer sind belegt, wie haben gut qualifiziertes Personal», sagt Guyer dazu. Bezüglich Rechtsform habe der Stadtrat nicht auf Arbeitsverweigerung gemacht. «Wir haben einfach unseren Standpunkt klar dargelegt.» Der Stadtrat habe wissen wollen, ob der Einwohnerrat das Geld, das die Umwandlung in eine andere Rechtsform koste, wirklich ausgeben wolle. «Der Stadtrat hatte diesbezüglich eine andere Meinung als der Einwohnerrat.» Selbstverständlich respektiere der Stadtrat den Entscheid.

Welche Projekte stehen 2023 ganz oben auf der Traktandenliste? Guyer nennt als erstes die Volksabstimmung über das neue Oberstufenzentrum. «Es ist wichtig, dass wir bei diesem regionalen, schulstrategischen Projekt weiterkommen. Das wird ein wichtiger Entscheid.» Zweitens wolle der Stadtrat beim Seniorenzentrum einen wesentlichen Schritt weiterkommen. «Das dritte wichtige Thema ist die Organisationsentwicklung der Stadt. Wir haben es in diesem Jahr gesehen: Es kamen viele Herausforderungen auf uns zu, an die wir nicht erwartet hatten.» Die Stadt müsse sich so aufstellen, dass sie auf unvorhergesehene Entwicklungen wie die Flüchtlings- oder Energiekrise gut reagieren könne. «Und Freiräume schaffen, um gute Dienstleistungen anzubieten.»

Macht sie sich als Sicherheitsverantwortliche Sorgen, dass in Zofingen in diesem Winter plötzlich die Lichter ausgehen? «Die Sorge ist zumindest so gross, dass wir uns in einer Task Force Überlegungen machen, welche Szenarien es gibt und wie wir reagieren würden. Welche Vorkehrungen müssen wir treffen? Ausserdem haben wir bezüglich Energiesparen die möglichen Massnahmen getroffen. Wir haben die Mitarbeitenden aufgerufen, mit Energie sorgsam umzugehen.» Sie selbst bade zuhause schon lange nicht mehr – «und im Haus ist es kühler als normal.»

Quelle: Zofinger Tagblatt vom 16. Dezember 2022